Nachhaltig reisen – Was für Verpackungen der grüne, ist für Reisen der rote Punkt. Reiseveranstalter schmücken sich zunehmend mit Zertifikaten, die für umwelt- und sozialverträgliches Reisen stehen. GWEN-Autorin Susanne Wächter hat sich umgehört, was es damit auf sich hat.
Obwohl viele Verbraucher nicht genau wissen, was die Siegel eigentlich bedeuten, haben Veranstalter für nachhaltiges Reisen einen großen Zulauf – Tendenz steigend. Auf immer mehr Katalogen prangen die Zertifikate. Nachhaltiges Reisen ist in.
„Das Interesse an Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Urlaubsreisen innerhalb der Bevölkerung ist groß: Derzeit legen 31 Prozent der Bevölkerung Wert darauf, dass ihr Urlaub möglichst ökologisch verträglich, ressourcenschonend und umweltfreundlich ist. Die Sozialverträglichkeit des Urlaubs ist sogar für 38 Prozent der Bundesbürger wichtig“, sagt Sarah Lopau vom Deutschen Tourismusverband. Zertifikate wie etwa Corporate Social Responsibility (CSR), dem Gütesiegel des unabhängigen Zertifizierungsanbieters Tour Cert, mit denen sich die Veranstalter schmücken können, hält sie für seriös.
Ökologische und soziale Ziele vorantreiben
Vor Ort in den Reiseländern setzen die Reiseveranstalter gemeinsam mit Partnern und Dienstleistern verstärkt auf vielfältige Maßnahmen, um ökologische und soziale Ziele voranzutreiben, bestätigt auch Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband. Dabei gehe es darum, die lokale Wirtschaft zu stärken. Denn vom Tourismus soll insbesondere die gastgebende Bevölkerung profitieren.
„Immer mehr Reiseveranstalter organisieren deshalb gezielt Ausflugsprogramme, in deren Rahmen Reisende lokal produzierte Souvenirs und Speisen erstehen und gleichzeitig authentische Einblicke in die Kultur erhalten. Die Ausflugsprogramme werden etwa durch die gemeinnützige Nachhaltigkeitsorganisation Travel Foundation zertifiziert“, so Schäfer. Im Jahre 2003 gegründet arbeitet die unabhängige Travel Foundation mit Reiseveranstaltern zusammen, um Nachhaltigkeit in der Branche zu verankern. Mittlerweile bieten auch große Veranstalter wie Thomas Cook entsprechende Reisen an.
Schattenseiten des Tourismus
Als Pionier im Bereich Nachhaltiger Tourismus gilt etwa der Veranstalter ReNatour. „Wir waren an der Entwicklung des Siegels sogar beteiligt“, sagt ReNatour-Inhaber Roland Streicher. Das Unternehmen, das im vergangenen Jahr seinen 20. Geburtstag feierte, gründete unter anderem das Forum anders reisen und stellte einen Kriterienkatalog für umwelt- und sozialverträgliche Reisen auf. „Ein Siegel wie CSR ist ein wesentlicher Baustein für die Glaubwürdigkeit von nachhaltigen Angeboten“, so Streicher.
Das mittlerweile beliebte Label „nachhaltig“ war zu Gründungszeiten noch eine recht ungewöhnliche Idee im Tourismus. „Der Wunsch anders zu Reisen, unterwegs zu sein und der Umwelt so wenig als möglich zu schaden, wuchs bei meinen Erfahrungen als Skilehrer und Reiseleiter“, erklärt Streicher. „Ich lernte in dieser Zeit die Schattenseiten des Tourismus kennen und wollte diese so nicht akzeptieren.“
Für alle Beteiligten ein Genuss
Der studierte Wirtschaftswissenschaftler setzte sich also mit seiner Ehefrau zusammen, entwarf einen Plan und setzte die Idee erstmals mit einem „vollwertigen“ Winterurlaub in Tirol um. Dazu engagierte er einen Bio-Koch, orderte einen Reisebus und stellte eine wintersportbegeisterte Gruppe zusammen. Der Urlaub sei für alle Beteiligten ein Genuss gewesen.
Auch auf Korfu zeigt Streicher, was nachhaltiges Reisen wirklich bedeutet. Noch im gleichen Jahr, in dem die erste Reisegruppe in die Berge aufbrach, entdeckte er zusammen mit seiner Frau das Honigtal auf Korfu. Das kleine Gästehaus liegt mitten in einem Olivenhain unweit der Küste und bietet vor allem für Familien eine entspannte Atmosphäre. Die Urlauber unterstützen durch ihren Aufenthalt die örtliche Landwirtschaft und den Tourismus gleichermaßen. „Es ist eines unser ältesten Angebote im Programm“, wirbt Streicher für das Domizil auf der griechischen Insel. swa